Grundlagen
Im Mittelpunkt der Provenienzforschung (vom Lateinischen provenire: herkommen) steht die Herkunftsgeschichte von Kulturgütern. Ein besonderer Fokus richtet sich dabei auf die Identifizierung von sogenanntem NS-Raubgut.
Unter NS-Raubgut oder NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut versteht man Objekte, die während der Zeit des Nationalsozialismus aufgrund von rassischer, politischer, religiöser oder weltanschaulicher Verfolgung ihren rechtmäßigen Eigentümer*innen entzogen wurden. Neben Objekten, die von Behörden des NS-Regimes beschlagnahmt wurden, fallen unter diese Kategorie auch Objekte, die von ihren Besitzer*innen zwangsweise und unter Wert verkauft wurden, etwa um eine Flucht ins Ausland zu finanzieren.
Die Grundlage für die Recherche nach NS-Raubgut bildet eine im Dezember 1998 auf der „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ verabschiedete Erklärung. Mit ihrer Unterzeichnung hat sich die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, NS-verfolgungsbedingt entzogene Kulturgüter zu identifizieren und mit ihren früheren Eigentümer*innen oder deren Erb*innen eine faire und gerechte Lösung zu finden. Zur Umsetzung dieser Verpflichtung haben der Bund, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände im Dezember 1999 eine Gemeinsame Erklärung zur Auffindung und Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut verabschiedet.
Die Deutsche Nationalbibliothek hat in den vergangenen Jahren mehrere Projekte zur Recherche nach NS-Raubgut durchgeführt. Eines dieser Projekte widmete sich der Bücherverwertungsstelle Wien. Diese 1938 in Österreich begründete Stelle diente der Umverteilung beschlagnahmter Bücher aus jüdischen Verlagen, Buchhandlungen und Privatbibliotheken. Ihr Leiter war Albert Paust, ein Bibliothekar der Deutschen Bücherei Leipzig. Über seine Vermittlung gelangten 1938/39 aus der Bücherverwertungsstelle rund 500 Bände in die Deutsche Bücherei. Diese Bände wurden identifiziert und als Fundmeldungen in die Lost Art-Datenbank eingestellt. Zwischen 2018 und 2020 wurden außerdem im Projekt Provenienzrecherchen die nicht als Pflichtexemplare inventarisierten Serientitel und Schriftenreihen am Regal durchgesehen, um so NS-Raubgut ausfindig zu machen.
Die Forschungen des Historikers Sören Flachowsky zur Geschichte der Deutschen Bücherei Leipzig im Nationalsozialismus haben bestätigt, dass diese bereits ab 1933 versuchte, über Kooperationen mit NS-Behörden etwaige Lücken in ihrem Bestand zu schließen. Ebenso ist davon auszugehen, dass die Deutsche Bücherei auch nach 1945 sogenanntes „sekundäres Raubgut“ in ihren Bestand einarbeitete. Darunter sind Kulturgüter zu verstehen, die nach ihrer verfolgungsbedingten Entziehung über mehrere Stationen – zum Beispiel NS-Organisationen, Antiquariate oder Privatpersonen – weiterverteilt und daher erst nach der NS-Zeit in öffentliche Sammlungen gelangt sind.
Um diesen Forschungsbedarfen systematisch nachzugehen, hat die Deutsche Nationalbibliothek – gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien – 2019 eine Referentin für Provenienzforschung eingestellt.
Vorgehensweise
Die Recherche nach NS-Raubgut beginnt für einen Großteil der Bestände in der Deutschen Bücherei bei den Zugangsbüchern. Werke, die nicht im Rahmen der Pflichtablieferung direkt von Verlagen an die Deutsche Bücherei Leipzig abgegeben wurden, sind darin meist mit Herkunftsvermerken versehen. Deutet dieser Vermerk darauf hin, dass es sich um NS-Raubgut handeln könnte – zum Beispiel, weil eine NS-Organisation, Polizeidienststelle oder Finanzbehörde das Werk eingeliefert hat –, so schließt sich eine Autopsie an, also die Inaugenscheinnahme des Werks am Regal.
Bei der Autopsie prüfen wir, ob in den Werken Provenienzmerkmale wie etwa handschriftliche Namenseintragungen, Exlibris oder Stempel von Vorbesitzer*innen vorliegen. Diese Merkmale werden fotografisch erfasst und in der Datenbank dokumentiert.
Hinweise auf mögliche Vorbesitzer*innen eines Werks bilden den Ausgangspunkt für die eigentliche historische Forschung, um festzustellen, ob diese in der Zeit des Nationalsozialismus aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen verfolgt wurden. Bei der Rekonstruktion dieser Verfolgungsschicksale können historische Meldekarteien und Adressbücher, Aktenüberlieferungen von Polizeistellen oder Finanzbehörden, aber auch Datenbanken wie die von der Gedenkstätte Yad Vashem betreute Datenbank der Holocaust-Opfer helfen.
Bestätigen diese Recherchen, dass es sich bei einem Werk um NS-Raubgut handelt, so suchen wir die Erb*innen der früheren Eigentümer*innen, um mit ihnen Kontakt aufzunehmen und die Rückgabe in die Wege zu leiten.
Geklärte Fälle
In der folgenden Übersicht dokumentieren wir abgeschlossene Rückgaben und andere Einigungen im Sinne der Washingtoner Prinzipien.
Baerwald, Emil und Jenny
Emil Baerwald wurde am 5. Februar 1869 in Frankfurt am Main geboren; sein Vater Herman Baerwald (1828-1907) war Direktor des Philantropin, einer jüdischen Privatschule. 1891 ging Emil Baerwald als Kaufmann nach New York, wo er 1906 die aus Basel stammende Jenny Dreyfus (geb. am 28. März 1880) heiratete. 1925 zog das Paar nach Berlin, reiste jedoch auch weiterhin regelmäßig in die USA. Aufgrund der intensivierten Verfolgung durch das nationalsozialistische Regime entschieden sich Emil und Jenny Baerwald in die USA zurückzukehren. Während Jenny Baerwald die amerikanische Staatsbürgerschaft besaß und dadurch eine größere Reisefreiheit hatte, musste Emil Baerwald als deutscher Staatsbürger ein Visum für die USA beantragen, das er über Kontakte im amerikanischen Konsulat Berlin auch erhielt. Er reiste im August 1938 in die USA und kehrte im Herbst desselben Jahres noch einmal nach Europa zurück, ohne aber nach Deutschland einzureisen. Jenny Baerwald hielt sich im Herbst 1938 kurz in Berlin auf, um vor Ort letzte Angelegenheiten zu klären, ehe das Paar Anfang März 1939 endgültig nach New York emigrierte. Emil Baerwald erhielt 1944 die amerikanische Staatsbürgerschaft und verstarb 1948 in New York City; Jenny Baerwald verstarb 1965.
Anhand des Exlibris von Emil und Jenny Baerwald konnte im Bestand des Deutschen Buch- und Schriftmuseums ein Band aus der früheren Privatbibliothek des Ehepaars identifiziert werden. Das Buch wurde 1956 über die Deutsche Buchexport GmbH bei einer Auktion des Westberliner Antiquariats Gerd Rosen für das Deutsche Buch- und Schriftmuseum angekauft. Wer das Buch in die Auktion einlieferte, bleibt unklar. Vermutlich wurde das Buch nach der Emigration der Eheleute Baerwald beschlagnahmt und ist zu einem unbekannten späteren Zeitpunkt in den Berliner Buchhandel gelangt. Für diese These spricht auch ein Vergleichsexemplar aus der gleichen Bibliothek, das im Bestand der Zentral- und Landesbibliothek Berlin identifiziert und 2018 restituiert wurde.
Dank des kollegialen Austauschs mit den Provenienzforscher*innen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin konnte die Deutsche Nationalbibliothek Kontakt zu den Rechtsnachfolgern herstellen und das Buch im Sommer 2022 zurückgeben. Zuvor durften wir ein Digitalisat anfertigen, sodass das Buch in digitaler Form weiterhin öffentlich zugänglich bleibt.
Weiterführende Informationen:
Bermann Fischer, Gottfried
Foto: DNB, Laura Stein
Gottfried Bermann wurde am 31. März 1897 in Gleiwitz (Oberschlesien) geboren. Er studierte Medizin und war anschließend zunächst als Assistenzarzt tätig. 1925 heiratete er Brigitte Fischer (geb. am 5. April 1905 in Berlin), die Tochter des Berliner Verlegers Samuel Fischer. Auf Wunsch seines Schwiegervaters trat er in dessen Verlagshaus ein und änderte seinen Namen zu Gottfried Bermann Fischer. Nach Samuel Fischers Tod im Jahr 1934 übernahm er mit seiner Frau die Leitung des Verlags.
Gottfried und Brigitte Bermann Fischer waren jüdischer Herkunft. 1935 übersiedelten sie aufgrund der nationalsozialistischen Verfolgung nach Wien. Dabei gelang es Gottfried Bermann Fischer, mit dem Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda eine Vereinbarung über die Aufteilung des S. Fischer Verlags zu treffen: Während ein Teil des Verlags unter der Leitung von Peter Suhrkamp im Deutschen Reich verblieb, konnte Bermann Fischer mit einem zweiten Teil in Wien die „Bermann-Fischer Verlags GmbH“ gründen.
Im März 1938, unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs, floh Bermann Fischer mit seiner Familie über die Schweiz nach Schweden, wo er den Bermann-Fischer-Verlag ein weiteres Mal neu gründete. Seinen privaten Besitz und das Bücherlager des Wiener Verlages musste er bei seiner Flucht in Österreich zurücklassen. 1940 wurde er infolge einer Verhaftung aus Schweden ausgewiesen und emigrierte mit seiner Familie in die USA. Nach Kriegsende gründete er den S. Fischer-Verlag in Berlin und Frankfurt neu und leitete ihn bis 1962. Er verstarb 1995 in Italien.
Im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig konnten 20 Publikationen aus dem früheren Eigentum von Gottfried Bermann Fischer identifiziert werden. Der Großteil dieser Schriften gelangte 1938/39 über die Bücherverwertungsstelle Wien in die Deutsche Bücherei Leipzig. Albert Paust, der im September 1938 von der Deutschen Bücherei an die Bücherverwertungsstelle abgeordnet worden war, scheint den Abtransport von Bermann Fischers Privatbibliothek aus dessen Wohnung im Wiener Stadtteil Hietzing persönlich beaufsichtigt zu haben: In einem Bericht an den Generaldirektor der Deutschen Bücherei, Heinrich Uhlendahl, erwähnt er ausdrücklich die seltenen Privatdrucke, die er in Bermann Fischers Bibliothek gefunden habe. Die Deutsche Bücherei war jedoch nicht die alleinige Empfängerin der beschlagnahmten Privatbibliothek: Auch die Österreichische Nationalbibliothek in Wien übernahm Bücher aus dem Eigentum von Gottfried Bermann Fischer in ihren Bestand. Weitere Bücher fanden sich nach Kriegsende in der sogenannten „Sammlung Tanzenberg“, einem Bücherdepot des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg. Dass Bücher aus der Privatbibliothek auch in den antiquarischen Buchhandel gelangten, belegt schließlich der Befund, dass zwei der in der Deutschen Nationalbibliothek identifizierten Schriften nicht aus dem Erwerbungskontext der Bücherverwertungsstelle stammen, sondern erst in den 1960er Jahren als antiquarische Ankäufe in den Bestand aufgenommen wurden.
Die Deutsche Nationalbibliothek konnte Kontakt zu den Erb*innen nach Gottfried Bermann Fischer aufnehmen und einigte sich im Frühjahr 2023 mit ihnen über eine Rückgabe mit anschließendem Rückkauf. Die 20 Exemplare können somit im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek verbleiben und sind – dem Wunsch der Erb*innen entsprechend – weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich.
Weiterführende Informationen:
Gottfried Bermann Fischer, Bedroht – Bewahrt. Der Weg eines Verlegers, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag 1994.
Sören Flachowsky, „Zeughaus für die Schwerter des Geistes“. Die Deutsche Bücherei Leipzig 1912-1945, Göttingen 2018.
Murray G. Hall und Christina Köstner, „…allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern…“ Eine österreichische Institution in der NS-Zeit, Wien: Böhlau 2006.
Irene Nawrocka, „Verlagssitz: Wien, Stockholm, New York, Amsterdam. Der Bermann-Fischer Verlag im Exil (1933-1950). Ein Abschnitt aus der Geschichte des S. Fischer Verlages“, in: Archiv für die Geschichte des Buchwesens 53 (2000), S. 1-210.
Irene Nawrocka (Hrsg.), Carl Zuckmayer – Gottfried Bermann Fischer: Briefwechsel. Mit den Briefen von Alice Herdan-Zuckmayer und Brigitte Bermann Fischer, Göttingen 2004.
Grit Nitzsche, „Die Bücherverwertungsstelle Wien“, in: Regine Dehnel (Hg.), Jüdischer Buchbesitz als Raubgut. Zweites Hannoversches Symposium, Frankfurt am Main 2005, S. 67-72.
Glanz, Heinrich
Heinrich Glanz wurde am 13. August 1891 als eines von fünf Kindern des ursprünglich aus Galizien stammenden jüdischen Ehepaars David Glanz und Regine geb. Graeber in Wien geboren. Er studierte Jura und heiratete im Juni 1916 die Englisch- und Französischlehrerin Selma Leitner (geb. 10.10.1893). Er unterrichtete an jüdischen Schulen und war zeitweise als Vertreter für den jüdischen Verlag „Menorah“ tätig. Ab 1923 bemühte er sich um die Gründung einer eigenen Buchhandlung mit Verlag, erhielt aber wegen seiner fehlenden Buchhändlerausbildung erst 1927 die gewünschte Konzession für einen auf Hebraica und Judaica spezialisierten buchhändlerischen und verlegerischen Betrieb.
Unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs musste Heinrich Glanz seinen Verlag auf Anordnung der Gestapo schließen. Wahrscheinlich wurde das Verlagslager von der Gestapo geräumt und im September 1938 an die Bücherverwertungsstelle Wien übergeben, eine vom Reichspropagandaamt Wien eingerichtete Behörde, die beschlagnahmte Buchbestände aus Buchhandlungen, Verlagen und Privatbibliotheken zusammentrug und an Bibliotheken des Deutschen Reichs umverteilte.
Heinrich und Selma Glanz emigrierten vermutlich im November 1938 nach London, wo Heinrich Glanz erneut als Buchhändler und Verleger tätig wurde – möglicherweise konnte er dafür auf Verlagsbestände zurückgreifen, die in der Schweiz und in den Niederlanden lagerten und so der Beschlagnahme entgehen konnten. Ende Mai 1940 reisten sie per Schiff über Kanada in die USA aus und ließen sich in New York City nieder. Auch hier war Heinrich Glanz als Buchhändler aktiv, bis er diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste. Er verstarb im September 1958 in New York City. Selma Glanz, die zunächst als Französischlehrerin an der New York University gearbeitet hatte, nahm in den 1960er Jahren eine Stelle als Assistant Professor an der jüdischen privaten Yeshiva University in New York City an. Sie verstarb im April 1985.
Im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig konnte ein Buch aus dem früheren Eigentum von Heinrich Glanz identifiziert werden, da es auf dem Titelblatt eine Widmung des Buchautors für Heinrich Glanz trägt. Dem Zugangsbuch der Deutschen Bücherei zufolge ist das Exemplar im September 1939 über die Bücherverwertungsstelle Wien in den Bestand eingeliefert worden.
Das Holocaust Claims Processing Office unterstützte die Deutsche Nationalbibliothek bei der Erbenermittlung und stellte den Kontakt zur Erbengemeinschaft her. Dank dieser Vermittlung konnten wir das Buch im Juni 2024 an die Erb*innen von Heinrich Glanz zurückgeben. Mit ihrem Einverständnis durften wir vor der Rückgabe ein Digitalisat des Buches anfertigen, das über den Bibliothekskatalog öffentlich zugänglich ist.
Weiterführende Informationen:
Rosenfeld, Valentin Victor
Valentin Victor Rosenfeld wurde am 2. März 1886 in Wien geboren und war von Beruf Rechtsanwalt. Nebenher engagierte er sich ehrenamtlich für die Schwimm-Sektion des jüdischen Sportvereins Hakoah Wien. Sein Ehefrau Eva Rosenfeld begründete in den 1920er Jahren mit Anna Freud und Dorothy Burlington eine reformpädagogische Privatschule, die sogenannte Hietzing-Schule. Nach der Trennung des Ehepaars zog Eva Rosenfeld mit dem gemeinsamen Sohn Victor zunächst nach Berlin, wo sie eine psychotherapeutische Ausbildung absolvierte. 1936 emigrierten die beiden nach Großbritannien.
Auch Valentin Rosenfeld floh nach dem „Anschluss“ Österreichs im März 1938 nach Großbritannien und konnte von dort aus zahlreiche Mitglieder der Hakoah Wien bei ihrer Emigration unterstützen. Sein in Wien zurückgelassener Besitz wurde von der Gestapo beschlagnahmt, die anschließend einen Teil seiner Bibliothek der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) in Wien zuwies. Rosenfelds Sammlung von Goethe-Autographen gelangte zunächst ins Zentraldepot für beschlagnahmte Sammlungen und wurde dann der Handschriftenabteilung der ÖNB übergeben. Weitere Teile seiner Bibliothek wurden über die sogenannte Bücherverwertungsstelle Wien zerstreut, eine vom Reichspropagandaamt eingerichtete Behörde zur Umverteilung beschlagnahmter Buchbestände aus jüdischen Buchhandlungen, Verlagen und Privatbibliotheken.
Im Bestand der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig konnten drei Schriften aus dem Eigentum von Valentin Rosenfeld identifiziert werden, die allesamt im Januar 1939 über die Bücherverwertungsstelle Wien in den Bestand der Deutschen Bücherei in Leipzig eingegangen waren. Zwei der Bände enthalten das Exlibris von Valentin Rosenfeld, eine dritte Publikation – eine Art Schülerzeitung der von Eva Rosenfeld begründeten Hietzing-Schule – trägt eine handschriftliche Notiz mit dem Vornamen des Sohnes, Victor Rosenfeld. Dank der Vermittlung der Israelitischen Kultusgemeinde Wien konnte Kontakt zu den Erb*innen der Familie aufgenommen werden. Die Bände wurden im Juni 2021 an die Erben restituiert.
Weiterführende Informationen:
Murray G. Hall und Christina Köstner, „…allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern…“ Eine österreichische Institution in der NS-Zeit, Wien 2006.
Eintrag „Valentin Rosenfeld“, in: Markus G. Patka und Ignaz Hermann Körner (Hrsg.), Lexikon jüdischer Sportler in Wien 1900-1938 (Begleitpublikation zur Ausstellung "100 Jahre Hoppauf Hakoah" des Jüdischen Museums der Stadt Wien vom 4. Juni bis 7. September 2008), Wien 2008, S. 179-180.
Karen Propp, „The Danube Maidens: Hakoah Vienna Girls‘ Swim Team in the 1920s and 1930s“, in: Susanne Helene Betz, Monika Löscher und Pia Schölnberger (Hrsg.), „..mehr als ein Sportverein“. 100 Jahre Hakoah Wien 1909-2009, Innsbruck, Wien u.a. 2009, S. 81-93, hier S. 85-86.
Informationen zum Nachlass von Eva Rosenfeld im Sigmund-Freud-Museum Wien: https://www.freud-museum.at/de/archiv (zuletzt abgerufen am 23.06.2021)
Eintrag „Valentin Rosenfeld“, in: Wien Geschichte Wiki, zuletzt aktualisiert am 18. März 2021, URL: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Valentin_Rosenfeld (zuletzt abgerufen am 23.06.2021).
Monika Löscher, „Valentin Viktor Rosenfeld“, in: Lexikon der österreichischen Provenienzforschung, veröffentlicht am 11. Oktober 2021, URL: https://www.lexikon-provenienzforschung.org/rosenfeld-valentin-viktor (zuletzt abgerufen am 02.06.2023).
Projekt: „Das Zentralantiquariat der DDR“
Im Spätherbst 2022 startete das Kooperationsprojekt der Staatsbibliothek zu Berlin (SBB-PK) mit dem Deutschen Zentrum Kulturgutverluste: „Das Zentralantiquariat der DDR: Verkaufswege. Empfänger. Provenienzen“. Die Deutsche Nationalbibliothek (DNB) ist hierbei Kooperationspartnerin der Staatsbibliothek zu Berlin.
Mehr zum Projekt
Kooperation und Vernetzung
Die systematische Beschlagnahme und Verwertung von beweglichem Vermögen durch das NS-Regime hat dazu geführt, dass Teile enteigneter Sammlungen heute oft weit zerstreut in verschiedensten Kultureinrichtungen vorzufinden sind. Umso wichtiger sind Vernetzung und kooperative Arbeitsweisen von Provenienzforscher*innen, um Daten, Erfahrungen und Forschungsergebnisse untereinander auszutauschen und Mehrfachrecherchen zu vermeiden.
Die Deutsche Nationalbibliothek ist daher Mitglied in der Kooperation „Looted Cultural Assets“, einem Netzwerk aus zehn Bibliotheken in Deutschland und Israel, die bei der Recherche und Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenen Büchern partnerschaftlich zusammenarbeiten. Mit Hilfe der gemeinsamen Datenbank können die Provenienzforscher*innen der Kooperation ihr Wissen bibliotheksübergreifend bündeln und gemeinsam zu Raubgut-Verdachtsfällen recherchieren. Ihre Rechercheergebnisse werden dabei soweit wie möglich auch für die Öffentlichkeit verfügbar gemacht.
Darüber hinaus sind die die Mitarbeiter*innen der Deutschen Nationalbibliothek in verschiedenen Netzwerken vertreten:
- Arbeitskreis Provenienzforschung e.V.
Der Verein vernetzt weltweit über 400 Wissenschaftler*innen und Expert*innen, die sich an Museen, Bibliotheken, Archiven, Universitäten und im Kunsthandel der Erforschung der Herkunft von Kulturgütern widmen. Seine Mitglieder treffen sich einmal im Jahr zu einer Jahrestagung und erstellen in Arbeitsgruppen praktische Leitlinien zur Provenienzforschung, ihrer Dokumentation und Vermittlung.
Arbeitskreis Provenienzforschung und Restitution – Bibliotheken
Der 2014 gegründete Arbeitskreis besteht aus im bibliothekarischen Bereich tätigen Provenienzforscher*innen. Er trifft sich zweimal jährlich zum Erfahrungsaustausch und erarbeitet Vorschläge für die Umsetzung bibliothekarischer Anliegen im Zusammenhang mit der Recherche nach NS-Raubgut. Im Mai 2017 hat die dbv-Kommission „Provenienzforschung und Provenienzerschließung“ die Aufgabe einer Geschäftsstelle für den Arbeitskreis übernommen.
- Arbeitsgemeinschaft Provenienzforschung in Sachsen
Bei der Arbeitsgemeinschaft handelt es sich um einen informellen Zusammenschluss von Provenienzforscher*innen, die an Kultureinrichtungen in Sachsen tätig sind. Sie trifft sich zweimal im Jahr für einen fachlichen Austausch auf der Arbeitsebene und setzt sich für eine stärkere institutionelle Verankerung der Provenienzforschung in Sachsen ein.
Folgende Datenbanken können außerdem bei der Recherche nach NS-Raubgut helfen:
Kontakt
provenienz@dnb.de