Das Deutsche Exilarchiv erwirbt den schriftlichen Nachlass des Malers Karl Schwesig
Pressemitteilung vom 1. Februar 2024
Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek hat den schriftlichen Nachlass des Malers Karl Schwesig (1898-1955) in seine Sammlung aufgenommen.
Karl Schwesig wurde am 19. Juni 1898 in Gelsenkirchen geboren. Er war Mitglied der Künstlerinitiative „Das Junge Rheinland“, Mitbegründer der „Rheinischen Sezession“ und geriet als politisch engagierter Künstler schon früh ins Visier der Nationalsozialisten. Im Juli 1933 wurde er verhaftet und im berüchtigten „Schlegelkeller“ in Düsseldorf verhört und schwer misshandelt. Im Nachlass sind Schwesigs handschriftliche Aufzeichnungen überliefert. Die Folterungen durch die SA verarbeitete Schwesig zudem in seinem 48 Arbeiten umfassenden Zyklus „Schlegelkeller“, der 1936 in Brüssel und Amsterdam, 1937 in Moskau ausgestellt wurde. Die Originale sind verschollen. Schwesig wurde zu 16 Monaten Haft verurteilt, die er im Gefängnis Wuppertal-Bendahl verbrachte. Nach seiner Freilassung gelang ihm die illegale Ausreise nach Belgien. 1940 wurde er nach Frankreich verbracht und in den Lagern Saint Cyprien, Gurs, Noé und Nexon interniert. Handschriftliche Aufzeichnungen im Nachlass legen davon Zeugnis ab. 1943 wurde Schwesig von der SS nach Düsseldorf gebracht, mehrfach inhaftiert und erst kurz vor Kriegsende freigelassen.
Nach 1945 versuchte Schwesig, sich als bildender Künstler wieder zu etablieren. 1947 wird er als Lehrer an die Schule für bildende und angewandte Kunst in Dortmund berufen. Seine künstlerische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Diktatur, mit Misshandlung, Inhaftierung und Internierung aber stößt im Deutschland der Nachkriegszeit auf wenig Interesse. Vergeblich bemüht sich Karl Schwesig auch um die strafrechtliche Verfolgung seiner Peiniger und eine angemessene Entschädigung für das erlittene Unrecht. Am 19. Juni 1955 ist Karl Schwesig gestorben.
Der schriftliche Nachlass im Exilarchiv umfasst neben seinen Aufzeichnungen über die Misshandlungen im Schlegelkeller und die Zeit der Internierung Dokumente und Korrespondenzen. Darunter u.a. auch Upton Sinclairs Bemühungen um die Veröffentlichung von Schwesigs „Schlegelkeller“. Hinzu kommen Fotografien und Skizzenbücher mit über vierzig Tusche- und Bleistiftzeichnungen.
Der Bestand wurde aus Privatbesitz übernommen. Der künstlerische Nachlass wird im Zentrum für Verfolgte Künste, Solingen verwahrt.
Hintergrund
Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek ist ein Ort der Auseinandersetzung mit den Themen Exil und Emigration während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Archiv sammelt Zeugnisse dieses Exils: Publikationen, institutionelle und persönliche Nachlässe – berufsübergreifend und unabhängig von der Prominenz einer Person. Ziel ist es, das Phänomen des Exils in seiner ganzen Breite zu erfassen und die Bestände zugänglich zu machen.
Die Gründung des Exilarchivs in der frühen Nachkriegszeit wurde von Exilierten selbst mitinitiiert, die darin ein Instrument der politischen Aufklärung sahen. Auch deshalb hat die kulturelle Vermittlungsarbeit für das Exilarchiv einen besonderen Stellenwert: Durch Ausstellungen, ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm und Publikationen wird die Vielschichtigkeit des Exils zwischen 1933 und 1945 vermittelt und damit ein wichtiger Beitrag zu einer lebendigen Erinnerungskultur geleistet.
Kontakt
Ansprechpartnerin
Dr. Sylvia Asmus, Leiterin des Deutschen Exilarchivs 1933-1945
Tel.: +49 69 1525-1900
s.asmus@dnb.de
Bilder
Bildmaterial zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung.
Abschrift der vorläufigen Aufenthaltsgenehmigung Schwesigs in Belgien vom 26.10.1935.
Karl Schwesig porträtiert 1935 die Tochter des Besitzers der Crémerie Coup Glacé in Antwerpen.
Brief Karl Schwesigs an den Schriftsteller Upton Sinclair vom 27.8.1940 aus dem Internierungslager St.Cyprien, in dem er ihn um Unterstützung bittet.
Karl Schwesig am Tisch einer Baracke im Internierungslager Noé, 1942.
Seite aus dem Pyrenäenbericht Schwesigs zur Deportation von Juden 1942 aus dem Internierungslager Noé.
Zeichnung der Mosel bei Wehlen, wo Schwesig im Frühjahr 1944 für wenige Monate untertauchte, bevor er denunziert und erneut in Haft genommen wurde.
Handschriftlicher Bericht Schwesigs nach 1945 zu den Folterungen im Schlegelkeller.
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