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Leipziger Provenienzen

Pressemitteilung vom 30. März 2021

Leipziger Provenienzen:
Ehemalige Bestände der Leipziger Städtischen Bibliotheken bleiben in der Deutschen Nationalbibliothek

Vor 70 Jahren haben die Deutsche Nationalbibliothek und das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig wertvolle Bestände der Leipziger Stadtbibliothek erhalten. Der von der Stadt Leipzig und der Deutschen Nationalbibliothek jetzt gezeichnete Depositalvertrag sichert den Verbleib von knapp 1.100 Drucken und Autografen des 16. bis 20. Jahrhunderts in der Deutschen Nationalbibliothek.

Als die Leipziger Stadtbibliothek im März 1951 ihren Status als wissenschaftliche Bibliothek einbüßte, wurden Monografien und Zeitschriften, wertvolle Alte Drucke aus dem 15. bis 19. Jahrhundert, Handschriften, moderne Buchkunst und künstlerische Bucheinbände an andere Bibliotheken und Museen in Leipzig abgegeben. Grundlage der Bestandsübertragungen waren zwei Stadtratsbeschlüsse von Anfang der 1950er Jahre. Als Hintergrund für die Abgabe des Bestandes nennen die Beschlüsse unter anderem eine Kompensation von Kriegsverlusten sowohl für die Deutsche Nationalbibliothek (damals „Deutsche Bücherei“) als auch das Deutsche Buch- und Schriftmuseum, das neun Zehntel seiner Bestände in den Flammen des Zweiten Weltkrieges verloren hatte.

„Dank der wissenschaftlichen Expertise für die Buchgeschichte können die Werke, deren Verbleib auch ein großer Vertrauensbeweis und Zeichen der guten Kooperation zwischen der Stadt Leipzig und der Nationalbibliothek ist, im Rahmen unserer Erschließungs- und Digitalisierungstätigkeiten auch in die Forschungsnetzwerke eingespeist und in Kooperationsprojekten sichtbar gemacht werden“, so Stephanie Jacobs, Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums.

„Mit dem Depositalvertrag wird der Verbleib des wertvollen Bestandes nicht nur juristisch abgesichert, er stößt auch Kooperationen an, in deren Rahmen die Städtischen Bibliotheken und das Deutsche Buch- und Schriftmuseum gemeinsam Verantwortung für die Bestände zeigen und diese zugleich auch einer breiteren Öffentlichkeit in Erinnerung rufen. So möchten wir zum Beispiel die Bestände im Kontext des 350. Geburtstags der Städtischen Bibliotheken 2027 gemeinsam präsentieren“, freut sich Susanne Metz, Direktorin der Leipziger Städtischen Bibliotheken.

Zu den übertragenen Beständen gehören bedeutende Titel der Buch- und Druckgeschichte, darunter zahlreiche frühe Klassikerausgaben aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, aber auch Drucke von Martin Luther, Philipp Melanchthon und die Erstausgabe von Albrecht Dürers „Vnderweysung der Messung“ von 1525. Auch das 18. Jahrhundert ist stark vertreten, z.B. mit einer Ausgabe des Orlando furioso von Ludovico Ariosto von 1746 oder einem Bodoni-Druck von 1792. Daneben enthält der Bestand buchkünstlerische Werke von Ignatz Wiemeler und Erich Gruner und ein umfangreiches Konvolut von Briefen aus dem Nachlass des Literaturkritikers und Schriftstellers Hermann Marggraff.

Die lange Zeit bis zum Abschluss eines Depositalvertrages zwischen der Stadt Leipzig und der Deutschen Nationalbibliothek zeigt, wie komplex das Thema historischer Bestandsübertragungen ist. Gedächtniseinrichtungen haben die ethische und rechtliche Bedeutung von Provenienzfragen auch für ihr Selbstverständnis erkannt. Die Provenienzforschung ist zu einem selbstverständlichen Kriterium der Arbeit an Kulturgut geworden. Bei Bestandsverlagerungen kommt ihr besondere Bedeutung zu.

Hintergrund

Leipziger Städtische Bibliotheken

Im Stadtbild Leipzigs sind sie mit ihren 16 Standorten und der blauen Fahrbibliothek gut zu finden. Insgesamt verfügen die Leipziger Städtischen Bibliotheken über einen Bestand von 777.000 Medien, hinzu kommen Online-Angebote wie Onleihe, Datenbanken, Filmportal etc. Die Leipziger Stadtbibliothek ist die Zentralbibliothek im großstädtischen Bibliotheksnetz.

Neben Geschichten haben die Leipziger Städtischen Bibliotheken auch Geschichte zu bieten. Bereits 1466 gab es in Leipzig eine kleine städtische Bücherei mit rund 300 Büchern, die vorwiegend von Juristen, aber auch Ärzten, Apothekern und einigen Leipziger Bürgern genutzt wurde. Die Geschichte der Leipziger Stadtbibliothek beginnt jedoch mit der Stiftung des Advokaten und Finanzbeamtem Huldreich Groß (1605-1677). Er hinterließ der Stadt seine reichen Bücherschätze und sein gesamtes Vermögen, womit eine öffentlich zugängliche Bibliothek errichtet werden sollte. Damit war der Grundstein für eine städtische Einrichtung gelegt, die heute nicht nur eine der ältesten, sondern auch eine der meistbesuchten Bildungs- und Kultureinrichtung Leipzigs ist

Deutsches Buch- und Schriftmuseum

Das Buch hat wie kein anderes Medium unsere Kultur und Zivilisation geprägt: Seit Jahrhunderten wird unser Wissen über die Welt und über den Menschen in Büchern gespeichert. Die Sammlung, Ausstellung und wissenschaftliche Bearbeitung buch- und mediengeschichtlicher Zeugnisse ist die Aufgabe des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek. 1884 als Deutsches Buchgewerbemuseum in Leipzig gegründet gilt es als das weltweit älteste und nach Umfang und Qualität der Bestände als eines der bedeutendsten Museen auf dem Gebiet der Buchkultur.

Zur Sammlung gehören neben Handschriften, historischen Drucken, Buntpapieren und moderner Buchkunst ebenso Archivalien und Nachlässe zur Schrift- und Typografiegeschichte. Zusammen mit der weltweit größten Wasserzeichensammlung sowie Schreibgeräten und Maschinen zur Buch- und Papierherstellung erlauben die Bestände des Museums ein interdisziplinäres Herangehen an kultur- und medienwissenschaftliche Fragestellungen.

Kontakt

Ansprechpartnerin

Dr. Stephanie Jacobs

Tel.: +49 341 2271-575
s.jacobs@dnb.de

Ansprechpartnerin

Heike Scholl
Leipziger Städtische Bibliotheken
Tel. +49 341 123-5308

heike.scholl@leipzig.de

www.stadtbibliothek.leipzig.de


Bildmaterial

Bilder für die Berichterstattung unter www.dnb.de/presse

Handeinband 1927, Entwurf von Erich Gruner, ausgeführt in der Handbindeabteilung von H. Fikentscher, Leipzig, zu: Lao-Tse, Die Bahn und der rechte Weg, Leipzig, Insel-Verlag 1903

Die Bibliothek und ihre Kleinodien : Festschrift zum 250jährig. Jubiläum d. Leipziger Stadtbibliothek ; Hrsg. von Johannes Hofmann ; Verlag: Karl W. Hiersemann ; Leipzig, 1927

Alexander Machhold, Formular- oder Schreibbuch. Eisleben 1563. Blindstempeleinband mit Reformatorenköpfen, auf dem vorderen Spiegel Eignervermerk von Gregor Ulrich, einem Leipziger Bürger, der auf Grund seines Bekenntnisses zur Reformation 1533 aus Leipzig ausgewiesen worden war. Mit dem Exlibris der Leipziger Stadtbibliothek

Ludovico Ariosto, Orlando furioso. Band 1-4, Paris 1746. Auf dem Rücken des ersten Bandes das Signaturschild der Leipziger Stadtbibliothek

Exlibris Leipziger Stadtbibliothek

Letzte Änderung: 30.03.2021
Kontakt: presse@dnb.de

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