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„Schmutz und Schund. Die Weimarer Republik“

Pressemitteilung vom 1. Oktober 2019

„Schmutz und Schund. Die Weimarer Republik“ // Ausstellung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig // 11. Oktober 2019 bis 26. Januar 2020

Austellungseröffnung am 10. Oktober 2019 um 19:30 Uhr

„Schmutz und Schund. Die Weimarer Republik“ ist der Titel einer Kabinettausstellung zu zensierten und indizierten Schriften und Bildern der 1920er- und 1930er- Jahre, die das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek zeigt. Die Ausstellung wurde von Master-Studierenden des Instituts für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Buch- und Schriftmuseum erarbeitet. Sie wird am Donnerstag, den 10. Oktober 2019, um 19:30 Uhr eröffnet.

Die Kultur der Weimarer Republik verbinden wir mit Glanz und Glamour, den Goldenen Zwanzigern und der Avantgarde. Übersehen wird oft die Kultur der Massen, die in ihrer Zeit auf starke Widerstände stieß. Mit der Parole „Schmutz und Schund‘“ gingen besorgte Bürger und Bürgerinnen seit dem Kaiserreich gegen die Vergnügungen der „einfachen Leute“ vor. 1926 wurde das „Gesetz zur Bewahrung der Jugend vor Schund- und Schmutzschriften“ durchgesetzt. Unter das Gesetz fielen vor allem erotische Schriften, aber auch Kriminal- und Abenteuergeschichten, die eine nicht näher definierte Qualität beziehungsweise moralische Integrität unterschritten.

Die Kabinettausstellung im Deutschen Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek beleuchtet dieses wenig bekannte Kapitel aus der Kulturgeschichte der Weimarer Republik anhand von zahlreichen Fallbeispielen. Gezeigt werden populäre Groschenheftserien, Romane in wöchentlicher Lieferung, billige Zeitschriften, erste Boulevard-Blätter und nicht zuletzt aufwändig gestaltete Bildbände. Die ausgestellten Publikationen reichen von einer Zeitschrift mit dem Titel „Frauenliebe“, in der sich die Autoren für die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Liebe einsetzen, bis hin zu einer populären Detektivserie namens „Fred Tarmum“, in der der Held auf der Suche nach seiner Schwester haarsträubende Abenteuer erlebt. Zu sehen sind ebenso Zeugnisse vom Wirken der Prüfer, die beispielsweise die Druckplatten des zweiten Bandes einer bebilderten erotischen Sittengeschichte noch in der Druckerei zerstörten. Die Fallbeispiele geben nicht nur Einblicke in die Hintergründe der Indizierung, sondern kontextualisieren auch die gesellschaftliche Sprengkraft und politische Botschaft mancher Provokation.

„Die Ausstellung widmet sich den massenhaft verkauften Unterhaltungsprodukten, „die trotz ihrer Popularität oft nicht ernst genommen werden“, wie Kurator Patrick Merziger, Juniorprofessor am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, betont. „Dabei geht es hier um durchaus aktuelle Fragen: Sollten wir Heranwachsende vor Darstellungen von Gewalt und Sexualität schützen? Oder leistet nicht vielmehr das Argument des Jugendschutzes der Zensur Vorschub?“

„Mit diesen aktuellen Fragen knüpft die Ausstellung thematisch an die medienhistorische Dauerausstellung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums an, die dem Thema Zensur ein zentrales Kapitel widmet“, führt die Museumsleiterin Stephanie Jacobs aus. „20 Biografien zensierter Bücher vom 16. Jahrhundert bis heute zeigen nicht zuletzt die Doppelgesichtigkeit der Zensur: einerseits als – im Extremfall: tödliche – Beschneidung der Meinungs- und Pressefreiheit durch ideologische Anmaßung und autokratisches Gewaltmonopol, andererseits als Maßnahme zur Wahrung von Persönlichkeitsrechten und zum Jugendschutz.“

„Für das Museum als bestandshaltender Gedächtniseinrichtung bedeuten solche Kooperationen wie die mit der Universität Leipzig nicht nur einen stets inspirierenden Zugewinn an wissenschaftlichem, aber auch ‚jugendlichem‘ Input.“, so Stephanie Jacobs, Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums. „Sie garantieren auch, dass die in über 130 Jahren zusammengetragenen Bestände des Museums mit aktuellen Fragestellungen konfrontiert und so in gesellschaftliche Kontexte eingespeist werden“.

Schmutz und Schund. Die Weimarer Republik

Ausstellung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
11. Oktober 2019 bis 26. Januar 2020
Dienstag bis Sonntag 10–18 Uhr, Donnerstag 10–20 Uhr,
Feiertage (außer montags) 10–18 Uhr.
Der Eintritt ist frei.

Ausstellungseröffnung: 10. Oktober 2019 um 19:30 Uhr

Begrüßung: Michael Fernau, Direktor der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
Einführung: Dr. Stephanie Jacobs, Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums
Vortrag: Jun.-Prof. Dr. Patrick Merziger: Die andere Moderne. Zur Kultur von Schund und Schmutz in der Weimarer Republik.

Hintergrund

Deutsches Buch und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig

Das Buch hat wie kein anderes Medium unsere Kultur und Zivilisation geprägt: Seit Jahrhunderten wird unser Wissen über die Welt und über den Menschen in Büchern gespeichert. Die Sammlung, Ausstellung und wissenschaftliche Bearbeitung buch- und mediengeschichtlicher Zeugnisse ist die Aufgabe des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek. 1884 als Deutsches Buchgewerbemuseum in Leipzig gegründet gilt es als das weltweit älteste und nach Umfang und Qualität der Bestände als eines der bedeutendsten Museen auf dem Gebiet der Buchkultur.

Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig, Patrick Merziger, Juniorprofessor für Kommunikationsgeschichte

Am ältesten kommunikationswissenschaftlichen Institut Deutschland befasst sich die Juniorprofessur für Kommunikationsgeschichte mit den Effekten der Massenmedien auf Politik, Kultur und Gesellschaft und fragt nach deren Bedeutung für die Entwicklung von Öffentlichkeit seit dem 18. Jahrhundert.

Kontakt

Ansprechpartnerin

Dr. Stephanie Jacobs

Tel.: +49 341 2271-575
s.jacobs@dnb.de

Bilder

Bilder zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit einer Berichterstattung über die Ausstellung

Letzte Änderung: 01.10.2019

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