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Illustrierte Idylle? Die Gartenlaube: Gesichter eines Massenblattes

Kabinettausstellung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums im Tresor der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig

Pressemitteilung vom: 30.10.2013

Vom 8. November 2013 bis zum 11. Mai 2014 zeigt das Deutsche Buch- und Schriftmuseum der Deutschen Nationalbibliothek die Ausstellung „Illustrierte Idylle? Die Gartenlaube: Gesichter eines Massenblattes“. Die Eröffnung der Ausstellung findet am Donnerstag, den 7. November um 19 Uhr im Museumsfoyer der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig statt.

Als der Leipziger Verleger Ernst Keil vor 160 Jahren sein „neues Blättchen… für’s Haus und für die Familie, … für Groß und Klein, für Jeden …“ ankündigte, war kaum damit zu rechnen, welchen Erfolg und welche Bedeutung Die Gartenlaube erzielen würde. Wer vermutet schon, dass sie den Grundstein zur Entwicklung der modernen Boulevardmagazine im Hochglanzstil legte? Über die Bilderwelt der Gartenlaube, die in der deutschen Pressegeschichte einen besonderen Platz einnimmt, spürt die Kabinettausstellung den Herstellungstechniken und verschiedenen Gesichtern des Massenblattes nach.

Gemeinsam mit dem Pfennig-Magazin und der Illustrirten Zeitung gehörte Die Gartenlaube zu den Medien, die mit ihren schwarz-weißen Holzstichbildern den Beginn der illustrierten Massenpresse im 19. Jahrhundert einläuteten. Als „Illustrirtes Familienblatt“ verkörperte sie einen neuen Medientypus, wurde zum auflagenstärksten, wirkmächtigsten und oft imitierten Blatt. Als Wissenssammlung, Ratgeber und Unterhalter fand die Zeitschrift in vielen Bücherschränken einen Platz. Mit ihren inhaltlichen und ästhetischen Gesichtern spiegelt sie den Zeitgeist und Geschmack eines breiten Leserpublikums wider, gilt als reiche Quelle der Kulturgeschichte, steht aber zugleich als Synonym für eine idyllische und rührselige Bilder- und Romanwelt.

Der mehrfache Wechsel der Verleger, die sich ändernden Leserinteressen und die wachsende Konkurrenz am Zeitschriftenmarkt unterwarfen Die Gartenlaube einem starken inhaltlichen und ästhetischen Wandel. Ernst Keils geniales Programm zielte gemäß seiner liberalen Gesinnung auf „geistige Ertüchtigung“, Aufklärung und Unterhaltung des Bürgertums. Mit Beiträgen aus Naturwissenschaft, Medizin und Technik, Berichten aus Geschichte, Militär, Volkskunde und Kultur, flankiert von Gedichten, Erzählungen und Fortsetzungsromanen (u. a. von Eugenie Marlitt, der Bestsellerautorin des 19. Jahrhunderts) sowie „verzierenden und erklärenden Abbildungen von anerkannten Künstlern“ traf er den Geschmack einer wachsenden Abonnentenschar.

Nach dem Verkauf des Verlages 1883 an die Gebrüder Kröner in Stuttgart übernahm Adolf Kröner die Redaktion der Gartenlaube in Leipzig. Bewährte Themen blieben im Programm, wurden aber nach seiner national-konservativen Gesinnung neu ausgerichtet: Dienst fürs Vaterland, Wohltätigkeit, Hygiene, Wirtschafts- und Rechtsfragen, Erfolgsmeldungen aus Deutschlands Industrie u. ä. bestimmten den Tenor, der Unterhaltungsaspekt wurde betont und der Bildanteil wuchs. Unter August Scherl, der Die Gartenlaube 1904 in seinen Berliner Verlagskonzern integrierte, fand die Umwandlung vom Familienblatt zur modernen Illustrierten ihren Abschluss. Gefällige Unterhaltung, Beilagen wie Die Welt der Frau und Werbung bestimmten das Profil.

Der Verkauf des August Scherl Verlages 1916 an den Hugenberg-Konzern läutete das Ende der Zeitschrift ein: Bildberichte über die politische Lage, über Persönlichkeiten, Staatsfeierlichkeiten und Kriegsereignisse, Soldatentransporte und Lazarette nebst Bildern aus der Filmwelt, banalen Ratgeberbeiträgen, trivialen Fortsetzungsromanen und einem sich verselbständigenden Beilagen- und Werbeteil machten Die Gartenlaube zu einer Zeitschrift unter vielen, die ab 1933 von der nationalsozialistischen Propaganda instrumentalisiert wurde. Nach der Umbenennung 1938 erschien Die neue Gartenlaube noch bis 1944.

Illustrierte Idylle? Die Gartenlaube: Gesichter eines Massenblattes
Kabinettausstellung des Deutschen Buch- und Schriftmuseums im Tresor der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
8. November 2013 bis 11. Mai 2014
Dienstag bis Sonntag 10 - 18 Uhr, Donnerstag 10 - 20 Uhr, Feiertage (außer montags) 10 - 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

Eröffnung am 7. November 2013 um 19 Uhr
Begrüßung: Michael Fernau, Direktor der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig
Einführung: Dr. Stephanie Jacobs, Leiterin des Deutschen Buch- und Schriftmuseums
„... eine epochemachende Idee aus Zelle 47“: Prof. Dr. Patrick Rössler, Universität Erfurt
Musik: Leipziger Salon-Virtuosen

Kuratorenführungen durch die Ausstellung
28. November 2013/ 12. Dezember 2013/ 20. Februar 2014 / 10. April 2014 jeweils um 17 Uhr
5. Dezember 2013 / 12. Februar 2014 jeweils um 10.30 Uhr

Hintergrund

Das Buch hat wie kein anderes Medium unsere Kultur und Zivilisation geprägt: Seit Jahrhunderten wird unser Wissen über die Welt und über den Menschen in Büchern gespeichert. Die Sammlung, Ausstellung und wissenschaftliche Bearbeitung buch- und mediengeschichtlicher Zeugnisse ist die Aufgabe des Deutschen Buch- und Schriftmuseums der Deutschen Nationalbibliothek. 1884 als Deutsches Buchgewerbemuseum in Leipzig gegründet gilt es als das weltweit älteste und nach Umfang und Qualität der Bestände als eines der bedeutendsten Museen auf dem Gebiet der Buchkultur.

Im Fokus steht das Buch mit seinen zahllosen Gesichtern: als geniale Formfindung und als Produkt wirtschaftlicher und technischer Prozesse, als gesellschaftliche Ikone und wichtigster Kulturträger, ebenso das Buch als Kunstwerk und als zensierter und verbrannter Ideenspeicher.

Ansprechpartnerinnen

s.jacobs@dnb.de
Hannelore Schneiderheinze

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