Erinnern an die „Ausgebürgerten“ – #everynamecounts-Challenge startet
Pressemitteilung vom 4. November 2024
Das Deutsche Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek und die Arolsen Archives rufen gemeinsam zu einer #everynamecounts-Challenge auf: Freiwillige können vom 4. bis 17. November 2024 bei der Crowdsourcing-Initiative mitmachen und die sogenannte Ausbürgerungskartei digital erfassen. Sie helfen dabei, die Namen und Geschichten dieser Menschen sichtbar zu machen.
Ab Juli 1933 entzogen die Nationalsozialisten zehntausenden Menschen auf Grundlage des sogenannten Ausbürgerungsgesetzes die deutsche Staatsbürgerschaft. Das betraf vor allem Jüdinnen und Juden sowie politische Gegner*innen im Exil. Sie verloren ihre Bürgerrechte – dazu gehörte auch, dass das NS-Regime einfach ihre Vermögen einziehen konnte. Die Daten der Ausgebürgerten sammelten die Nationalsozialisten ab 1938 in einer Kartei, die bei allen deutschen Botschaften und Konsulaten sowie bei Gerichten und anderen Institutionen in Deutschland als Nachschlagewerk genutzt wurde.
Auch die damalige Deutsche Bücherei (heute Deutsche Nationalbibliothek) erhielt ein Exemplar dieser Sammlung. Sie umfasst über 36.000 Karten mit den Namen von Ausgebürgerten sowie Informationen zu Geburtsdaten, Berufen und letzten Wohnsitzen. Gemeinsam mit den Arolsen Archives möchte das Exilarchiv die Erinnerung an die Ausgebürgerten wachhalten.
Die Ausbürgerung betraf auch Prominente, darunter die Schriftstellerin, Journalistin und Schauspielerin Erika Mann, die ab 1933 im Exil lebte. Sie positionierte sich früh gegen die Nationalsozialisten, unter anderem mit ihrem Kabarett „Die Pfeffermühle“, mit dem sie durch Europa tourte. Am 8. Juni 1935 erkannte ihr das NS-Regime auch aufgrund dieses kabarettistischen Engagements gegen Hitler die deutsche Staatsbürgerschaft ab.
Den Physiker und Nobelpreisträger Albert Einstein bürgerten die deutschen Behörden am 24. März 1934 aus, als er bereits in den USA lebte. Als Gegner des NS-Regimes hatte er selbst unmittelbar nach der Machtübergabe im Januar 1933 seine Ausbürgerung beantragt. Diesen Antrag hatten die Nationalsozialisten jedoch abgelehnt – die aktive Ausbürgerung des berühmten Wissenschaftlers wollten sie sich nicht nehmen lassen.
#everynamecounts ist die Crowdsourcing-Initiative der Arolsen Archives, bei der schon über 160.000 Freiwillige mitgemacht und Daten von historischen Dokumenten erfasst haben. So wächst das größte Online-Archiv und digitale Denkmal für die Opfer und Überlebenden der NS-Zeit immer weiter.
Die Deutsche Nationalbibliothek möchte durch die Daten, die von den #everynamecounts-Freiwilligen eingegeben werden, neue Forschungsprojekte ermöglichen. Sie sollen beispielsweise Aufschluss geben über die Zusammensetzung der Ausgebürgerten, ihre Altersstruktur, Berufe oder Wohnorte.
Wer mithelfen will, die Schicksale der ausgebürgerten Menschen sichtbar zu machen, braucht nur ein paar Minuten Zeit: Die Dokumente der „Ausbürgerungskartei“ stehen auf der Plattform https://everynamecounts.arolsen-archives.org bereit und können jetzt in der mobil optimierten Version auch auf dem Handy bearbeitet werden.
Hintergrund
Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 der Deutschen Nationalbibliothek ist ein Ort der Auseinandersetzung mit den Themen Exil und Emigration während der Zeit des Nationalsozialismus. Das Archiv sammelt Zeugnisse dieses Exils: Publikationen, institutionelle und persönliche Nachlässe. Ziel ist es, das Phänomen des Exils in seiner ganzen Breite zu erfassen, die Bestände zugänglich zu machen und mit einem vielfältigen Bildungs- und Veranstaltungsprogramm zu einer lebendigen Erinnerungskultur beizutragen.
www.dnb.de/dea
Die Arolsen Archives sind das weltweit größte Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum UNESCO-Weltdokumentenerbe. Sie beinhaltet Dokumente zu den verschiedenen Opfergruppen des NS-Regimes und ist eine wichtige Wissensquelle für die heutige Gesellschaft.
www.arolsen-archives.org
Kontakt
Deutsches Exilarchiv 1933-1945
Dr. Sylvia Asmus, Leiterin des Deutschen Exilarchivs 1933–1945
Tel.: +49 69 1525-1900
s.asmus@dnb.de
Ansprechpartnerin
Dr. Anke Münster, Arolsen Archives
Tel.: +49 5691 629 182
anke.muenster@arolsen-archives.org
Bildmaterial
Bildmaterial zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit Berichterstattung über die Initiative unter www.dnb.de/presse.
Karte aus der Ausbürgerungskartei, Erika Mann, 8. Juni 1935
Deutsche Nationalbibliothek, 1938 A 8858-Man
Ausbürgerungskartei im Deutschen Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek mit der Karte von Albert Einstein
Foto: DNB/Jörn Hasenclever
Ausbürgerungskartei im Deutschen Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek mit der Karte von Albert Einstein
Foto: DNB/Jörn Hasenclever
Erika Mann, Anfang der 1930er Jahre
Foto: Balzar Praha
Quelle: Münchner Stadtbibliothek / Monacensia
Albert Einstein, Princeton 1939, Fotografie: Eric Schaal
Deutsches Exilarchiv 1933-1945 der Deutschen Nationalbibliothek, NL Eric Schaal, EB 2003/051
(c) Wallstein Verlag
Letzte Änderung:
04.11.2024
Kontakt:
presse@dnb.de