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Nachrichten aus den Exilsammlungen

Ausschnitt der illustrierten Titelseite des London Diary von Lili Cassel. Ein zeichnendes Mädchen sitzt zwischen Wolken vermutlich auf einem Sperrballon zur Abwehr von Luftangriffen. Die Illustrationen sind mit Tusche und Wasserfarben gemalt.

„Nestor der deutschen Finanzwissenschaft“ - Fritz Neumark zum 110. Geburtstag

Fritz Neumark, der als der „Nestor der deutschen Finanzwissenschaft“ (FAZ vom 13.3.1991) und als der „einflussreichste deutsche Finanzwissenschaftler der Nachkriegszeit“ gilt (FAZ vom 19.7.1990), wurde vor 110 Jahren, am 20. Juli 1900, in Hannover geboren. Nach dem Studium der Nationalökonomie, das er unter dem Einfluss des Wirtschaftswissenschaftlers und Sozialpolitikers Gerhard Kessler an der Universität Jena aufgenommen hatte, wurde Neumark 1921 in Jena mit der Arbeit "Begriff und Wesen der Inflation" promoviert.

Von 1923 bis 1925 war er als „wissenschaftlicher Hilfsarbeiter“ im Reichsfinanzministerium in Berlin tätig, anschließend an der Universität Frankfurt am Main, zunächst als Assistent von Wilhelm Gerloff, von 1927 an als Privatdozent und 1932 als außerordentlicher Professor. Fritz Neumark zählte zu den ersten Wissenschaftlern, die aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft von der Universität vertrieben wurden. Mit Hilfe von Freunden konnte er bereits im Oktober 1933 eine Professur an der Universität Istanbul erhalten, wo er bis 1950 mit großem Erfolg lehrte und maßgeblich an der Universitätsreform Atatürks mitwirkte; auch unterstützte er die türkische Regierung bei der Einführung der Einkommenssteuer.
1952 wurde Fritz Neumark auf den Lehrstuhl für Finanzwissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität berufen, den er bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1970 innehatte; 1954/55 und 1961/62 war er Rektor der Universität. Von den Studenten wurde er geachtet, bewundert und gefürchtet, denn er stellte hohe Anforderungen. In Forschung und Lehre hat Neumark „das Konzept der gesamtwirtschaftlichen Nachfragesteuerung durch den Staatshaushalt popularisiert“; darüber hinaus hat er „in mehr als dreißigjähriger Beratungstätigkeit in den Wissenschaftlichen Beiräten des Bundeswirtschafts- und des Bundesfinanzministeriums für seine Vorstellungen von Finanzpolitik geworben. Das 1967 verabschiedete Stabilitätsgesetz wurde von ihm nicht unwesentlich geprägt“ (FAZ vom 19.7.1990). - Fritz Neumark hat eine Fülle von Büchern, Zeitschriften und Aufsätzen veröffentlicht, als Autor oder als Herausgeber, darunter das „Handbuch der Finanzwissenschaft“ (2. Aufl. 1952 ff.) und die Zeitschrift „Finanzarchiv“. Über die Emigrationsjahre in der Türkei hat er in seinem autobiografischen Buch „Zuflucht am Bosporus: deutsche Gelehrte, Politiker und Künstler in der Emigration 1933-1953“ (1980) berichtet.

Neumark wurde vielfach ausgezeichnet, etwa mit dem Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband und der Wilhelm-Leuschner-Medaille des Landes Hessen. Am 9. März 1991 ist Fritz Neumark in Baden-Baden verstorben.

Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 stand seit der Ausstellung „Die jüdische Emigration aus Deutschland: die Geschichte einer Austreibung“ (1985) in steter Verbindung mit Professor Neumark; er hatte zu dieser Ausstellung den einleitenden Vortrag gehalten und Leihgaben zur Verfügung gestellt. Sein umfangreicher Nachlass wurde dem Deutschen Exilarchiv übergeben und steht hier der Forschung zur Verfügung.

Blätterfunktion

Inhalt des Dossiers

  1. Hans Günter Flieg (1923–2024) – In memoriam
  2. Dr. Ruth K. Westheimer (1928–2024) – in memoriam
  3. Guy Stern (1922–2023) – in memoriam
  4. Trude Simonsohn (1921-2022) – in memoriam
  5. „Kinderemigration aus Frankfurt am Main. Geschichten der Rettung, des Verlusts und der Erinnerung"
  6. Fragebögen als Quelle zur Erforschung des deutschsprachigen Exils – Am Beispiel von Alfred Kantorowicz
  7. Professor Dr. John M. Spalek (1928-2021) in memoriam
  8. Lieselotte Maas (1937-2020) – In memoriam
  9. Ruth Klüger (1931-2020) – In memoriam
  10. „Was soll ich kochen?“ – Rezepte aus dem Deutschen Exilarchiv 1933-1945
  11. Hellmut Stern (1928-2020) – In memoriam
  12. Thomas Mann: Deutsche Hörer! – Hörstation Exil 1933-1945 vor der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt eingeweiht
  13. Ausstellungskatalog „Exil. Erfahrung und Zeugnis“ erscheint
  14. Themenschwerpunkt Exil: Das Geschichtsmagazin „Damals“ erscheint in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Exilarchiv 1933–1945
  15. Dora Schindel (1915–2018) – In memoriam
  16. Werner Berthold (1921–2017) – In memoriam
  17. Rolf Kralovitz (1925 - 2015) – In memoriam
  18. Buddy Elias – In memoriam
  19. Künste im Exil - virtuelle Ausstellung und Netzwerk
  20. Brigitte Kralovitz-Meckauer (1925–2014) – In memoriam
  21. Ludwig Werner Kahn - zum 100. Geburtstag
  22. Verleihung der Goethe-Medaille und der Ehrenmitgliedschaft der Gesellschaft für Exilforschung e.V. an Professor John M. Spalek
  23. „Nestor der deutschen Finanzwissenschaft“ - Fritz Neumark zum 110. Geburtstag
  24. Büchergeschenk für die Deutsche Nationalbibliothek
  25. „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“ - Margarete Buber-Neumann zum 20. Todestag
  26. Begründer der Futurologie - Ossip K. Flechtheim zum 100. Geburtstag
  27. Zum Tod der Lyrikerin Emma Kann
  28. Nestor der Exilforschung 1933-1945 in den USA - zum 80. Geburtstag von Prof. Dr. John M. Spalek
  29. Vorlass des Politologen John G. Stoessinger im Deutschen Exilarchiv 1933-1945
  30. Lili Cassel Wronker: A London Diary, 1939–1940
  31. Chronistin ihres Jahrhunderts - Anja Lundholm zum 90. Geburtstag
  32. Reichsausbürgerungskartei
  33. Das Deutsche Exilarchiv 1933–1945 erwirbt den umfangreichen Nachlass des Hethitologen Hans Gustav Güterbock (1908–2000)
  34. Geneviève Pitot: Der Mauritius-Schekel

Letzte Änderung: 06.01.2022
Kurz-URL: https://www.dnb.de/deanachrichten

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