Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des im Sommer 1914 ausgebrochenen Krieges war für die Soldaten Ende des Jahres mehr und mehr geschwunden. Durch die Ruhepausen zwischen den Kampfeinsätzen, den zermürbenden Stellungskrieg und die Monotonie in den Lazaretten entstand bei den Soldaten ein großes Bedürfnis nach Zerstreuung. Mit der Einrichtung von sogenannten Feldbuchhandlungen kamen Buchhändler diesem Anliegen entgegen. Die jüngst vom Deutschen Buch- und Schriftmuseum aus dem Antiquariatsbuchhandel erworbenen Fotografien dokumentieren die rege Tätigkeit des Buchhändlers Hermann Stilke (1870–1928), Sohn des Gründers der Verlags- und Bahnhofsbuchhandlung Georg Stilke. Er avancierte im Ersten Weltkrieg zu einem der bedeutendsten Feldbuchhändler.
Ab Februar 1915 richtete Hermann Stilke im Auftrag der Militärbehörden zunächst an der Westfront seine Verkaufsstellen und Zeitungskioske für Feldbuchhandlungen ein. Von diesen aus sollten die deutschen Truppen in den besetzten Gebieten mit Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und Postkarten versorgt werden. Bis Juli 1918 errichtete Hermann Stilke entlang der Bahnstrecken, die dem Truppen- und Buchtransport dienten, 74 Bahnhofs- und 95 Feldbuchhandlungen sowie 41 Buchhandlungen und Kioske in allen größeren Städten wie Brüssel, Lüttich, Löwen, Namur, Gent und Courtray und in vielen kleineren Ortschaften.
Die Fotosammlung umfasst 160 Schwarz-Weiß-Fotografien mit Außen- und Innenaufnahmen der Buchhandelsverkaufsstände an Bahnhöfen, in Läden, Kiosken und Scheunen entlang der Westfront im Ersten Weltkrieg. Einige Fotografien zeigen alte Ladenbeschriftungen, die auf die ursprüngliche Nutzung als Bäckerei (Boulangerie) oder Café verweisen.
Die Fotografien sind auf Kartons montiert und lassen keinen Rückschluss auf den oder die Fotografen zu. Da nahezu durchgängig die Namensschilder von G. Stilke zu erkennen sind, entstand die Dokumentation vermutlich im seinem Auftrag. Der Blick in die Schaufenster und Auslagen der Geschäfte zeigt ein breit gefächertes Angebot an Lektüre und Schreibwaren. Zur Foto-Dokumentation gehören Notizen mit Namen der Buchhändler und Standorte, die den Fotografien noch zugeordnet werden müssen. Diese Forschungsarbeit ist noch zu leisten.
Bibliografische Angaben und Bestellung in den Lesesaal
Foto / Repro: DNB / Christine Hartmann
Innenansichten von Feldbuchhandlungen